Das alte Gotteshaus in Langenholtensen, über dessen Erbauung alle Nachrichten fehlen, war ein einfacher Langbau mit flacher Balkendecke, noch etwas kürzer als das neue Haus und nicht breiter als der Thurm, dessen unterer Raum mit in das Schiff der Kirche hineingezogen war. Es ist in früheren Jahrhunderten viel zu Begräbnisplätzen benutzt worden, wie sich jetzt beim Neubau herausstellt, Schiff und Chor der Kirche waren voll gefüllt mit noch unversehrt erhaltenen Grabgewölben. Der zuletzt darin begraben ist laut den Kirchenbüchern ein Fähnrich v. Plato vom Estorfschen Dragonerregimente in Northeim gewesen, welcher am 23. December 1776 nahe am Chor linker Hand begraben worden.
Dies alte Gotteshaus hatte im Schiff an beiden Seiten Frauenstände, an der Nordseite eine Empore für Männer, auf dem Chor über dem Altar gleichfalls eine solche und außerdem zu beiden Seiten Mannsstände, auch eine vergitterter Predigerstuhl, der die Sacristei vertret, und aus welchem die Treppe zur Kanzel führte an der Westwand der Kirche. Die Orgel, das Einzige, was aus der alten Kirche der neuen verbleibt, hatte denselben Standort wie im neuen Hause, nur daß sie gegenwärtig weiter vor in dem Raum der Kirche tritt.
Das vorige Gotteshaus befand sich, mit Ausnahme seiner starken Mauern, in höchst baufälligen Zustande seit langeher. Das Äußere war namentlich noch durch einen völlig verfallenen Anbau an der Nordseite, ein Treppenhaus, das zum sogenannten Brunsteiner Amtsstuhl auf der Männerempore führte, abscheulich verunziert, das Innere der Kirche unschön in höchstem Grade, ja aller geziemten Würde bar und ledig. Das Dach endlich so reparaturbedürftig, daß nur die Wahl blieb, entweder ein total neues Dach auf den alten Bau zu setzen, oder an umfaßende Restauration der Kirche zu denken.
Glücklicherweise hatte der Kirchenvorstand schon unter meinem Amtsvorgänger, dem Pastor Behr, 1871 verstorben, für Bildung eines Fonds zum Neubau der Kirche, die kein irgend namenswerthes Vermögen besitzt, gesorgt. Seit 1861 war unbeständlich zu genannten Zweck bei der Capital-Ansammlungs-Anstalt für Kirchen- und Schulzwecke in Hannover ein Guthaben der Kirche gesammelt, das sich nunmehr auf 5.197 M 83 Pf belief. Im Vertrauen auf Gottes weitere Hilfe beschloß jetzt der gegenwärtige Kirchenvorstand, der außer dem Unterzeichneten aus den weltlichen Mitgliedern
- Ackermann Wilhelm Meinecke
- Ackermann August Menzhausen
- Ackermann Wilhelm Peter
besteht, ein umfaßender Umbau der alten Kirche.
Die Entwerfung eines Projects dazu ward dem Zimmermeister Wesemann jun. in Northeim übertragen. Derselbe hat nach einander 2 Projecte zum Umbau vorgelegt. Der 1ste ließ den ganzen alten engen Kirchenbau, wie er war, stehen; es sollte nur auf die alten Mauern ein neues Dach mit Holzgewölbe gebracht und übrigens das Innere völlig neu ausgebaut werden. Bei den Verhandlungen darüber mit den Königlichen Consistorium und dem Consistorial-Baumeister Hase scheiterte das Projekt, weil nicht Kirchenstühle in genügender Zahl hergestellt werden konnten. Zimmermeister Wesemann lieferte ein 2tes Projekt. Danach sollte in das alte Mauerwerk ein Querschiff gesetzt werden und durch Anlegung von Emporen darin der Kirchenstühlnoth abgeholfen werden.
Dis Project wurde vom Königlichen Consistorium genehmigt am 12. April 1877. Zugleich bewilligte Königliches Consitorium auf Ersuchen des Kirchenvorstandes zu den Mitteln des Kirchenumbaus eine doppelte Kirchenvorrathscollecte im Betrage von 900 M. Die Gesamtkosten des Umbaus waren auf 15.000 M festgestellt. Der nach Verwertung der vorhandenen Baumittel verbleibende Rest dieser Kosten sollten durch eine Amortifikations-Anleihe bei der Königlichen Kloster-Cammer zu 6 Procent beschafft werden, und zur Zahlung dieser Zinsen zunächst das Kirchenarer (Kirchen-vermögen), so weit möglich, und weiter dann die Kirchengemeinde durch Kirchensteuer verpflichtet werden.
Am Sonntag Rogate 1877 (07. Mai - 5ter Sonntag nach Ostern) wurde der letzte Gottesdienst in der alten Kirche gefeiert und dann das Haus dem Abbruch übergeben, der sofort begann. Die Gottesdienste auch für die Gemeinde Langenholtensen wurden bis zur Vollendung des neuen Hauses in der Kirche zu Wiebrechtshausen gehalten.
Inzwischen aber, theils durch allerlei Weiterungen wegen zu verlegender Gräber auf dem Kirchhofe bewogen, theils durch Stimmen aus der Gemeinde, die sich dahin aussprachen, daß, wenn nun einmal gebaut werde, auch der Hauptschaden des alten Hauses, nämlich seine Lage beseitig werden möchte, entschloß sich der Kirchenvorstand, um so mehr da sich das alte Mauerwerk grad auf dem Chor theilweise doch recht schadhaft erwies, noch im elften Stündchen zu einem völligen Neubau. Zimmermeister Wesemann fertigte ein 3tes Project, so wie es nunmehr zur Ausfertigung gekommen ist. Die Kosten des Neubaus bekaufen sich jetzt auf rund 21.000 M, von dem also 15.000 M durch die Anleihe zu decken sind.
Zimmermeister Wesemann ist vom Kirchenvorstand zum Bauführer ernannt und hat auch die Zimmerarbeiten auszuführen. Die Mauerarbeiten aber sind im Wege der Submission dem Maurermeister Friedrich Warnecke in Langenholtensen übergeben. Der letztere hat, nach Beseitigung des alten Mauerwerks am 11ten Juni 1877 den neuen Grundstein legen laßen, an der westlichen Ecke der Nordmauer, wobei außer dem Unterzeichneten (Pastor Jacobshagen) auch die Kirchenvorsteher Meinecke und Peter und der zeitige Lehrer der Gemeinde, Cantor Knocke die üblichen Hammerschläge gethan haben.
Heute aber, am 7ten September 1877, ist das Mauerwerk der neuen Kirche nahezu vollendet, und es sollen nunmehr diese kürzere Nachrichten über den Kirchenbau, in einer Flasche vermauert dem Bau beigefügt werden, für unsere Nachkommen zu lesen als ein Gruß ihrer Vorfahren, wenn einmal nach Gottes Willen auch dieser Neubau wieder fallen wird, dessen wir uns heute mit Dank zu Gott von Herzen freuen.